Laura und Laura – „einfach selig“

Die Freiburger Politikstudentin Laura Gorriahn (27) hat die Initiative Schlüsselmensch gegründet, die Patenschaften zwischen Studierenden und Flüchtlingskindern vermittelt

Laura Gorriahn
Laura Gorriahn – Foto: Ulrike Schnellbach

Aufgezeichnet von Ulrike Schnellbach

Zuerst kam ich über die Hochschulgruppe von Amnesty International in Kontakt mit den Flüchtlingskindern, weil wir im Heim bei der Hausaufgabenhilfe geholfen  haben. Hier leben vor allem Roma-Familien aus dem Kosovo auf engstem Raum im Industriegebiet am Rande der Stadt.. Aufgrund der strukturellen Benachteiligung haben die Kinder Schul- und Sprachprobleme, die nicht sein müssten. Das Tandem-Projekt habe ich vor zwei Jahren zusammen mit Freunden gegründet: Wir haben über die Sozialarbeiterinnen Kontakt zu den Familien geknüpft und eine Art Patenschaft für einzelne Kinder übernommen: gemeinsam Fußball spielen, ins Schwimmbad gehen, in die Stadt oder in den Wald – ganz einfache Dinge, die für diese Kinder alles andere als selbstverständlich sind. In der Regel unternehmen wir einmal in der Woche etwas mit ihnen.

Wenn einer von uns im Heim auftaucht, kommen sofort Kinder angerannt, die noch keine Pat/innen haben, und wollen auch „Partners“, wie sie uns nennen. Auch bei den Pat/innen ist das Projekt fast ein Selbstläufer. Derzeit bestehen 40 Tandems. Seit einer Info-Veranstaltung an der Uni haben wir eine Warteliste mit 50 weiteren Interessierten, wir kommen mit der Organisation kaum hinterher.

Es ist immer wieder wahnsinnig schön zu erleben, wie sie sich freut, wenn ich komme. Einmal habe ich sie mitgenommen in meine WG; da hatte ich zuerst Bedenken, weil ich ja im Vergleich zu ihr fast luxuriös lebe, aber sie war einfach nur selig. Ein großer Erfolg des Projekts ist, dass so viele dieser Kinder aus der Förderschule auf eine höhere Schulart wechseln konnten, einfach nur, indem wir Deutsch mit ihnen sprechen und sie Einblicke in unser Leben bekommen.

Aber ich will das gar nicht so einseitig darstellen, man bekommt auch viel zurück und man lernt eine Menge - über Ungerechtigkeiten und existentielle Ängste und darüber, wie andere Menschen leben müssen. Die meisten dieser Familien leben mit Kettenduldungen in ständiger Unsicherheit. Zum Teil werden wir auch mit Fragen und Problemen konfrontiert, die uns überfordern. Und mit dem Rassismus in der Gesellschaft: Manchmal werden den Kindern hohe bürokratische Hürden in den Weg gelegt, bis sie beispielsweise im Fußballverein aufgenommen werden. Oder wir hören Aussagen wie: „Ihr bringt uns hier die Zigeuner in den Verein!“ Unser Ziel ist eine offene Stadt, in der wir uns gegenseitig kennen lernen und so die Abschottung durchbrechen.

Kontakt: Laura Gorriahn, E-mail: vorstand@initiative-schluesselmensch.org
Internet: http://initiative-schluesselmensch.org/

 

Erschienen in Publik-Forum 11/2014

© Ulrike Schnellbach – Abdruck nur nach Rücksprache mit der Autorin

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